Forensis Virtualis: Datenschutz: Anonymes Surfen via Proxies

Montag, 15. Oktober 2007

Datenschutz: Anonymes Surfen via Proxies

Ein Märchen. Stell Dir vor, Du gehts in die grosse Stadt. Am Eingang musst Du Dich registrieren lassen und bekommst vom Stadtschreiber eine Nummer. Eine eindeutige Nummer. Was immer Du nun in der Stadt tust, jeder Schritt den Du machst, wird mittels dieser Nummer nachvollziehbar. In jedem Geschäft, auf jeder Strasse, im Café ... Deine Nummer wird immer registriert. Nichts geschieht ungesehen. Bis Du die Stadt wieder verlässt. Und der Stadtschreiber bewahrt die Daten anschliessend noch einige Zeit auf, falls jemand später nochmal wissen möchte, wo Du warst.

Dieses Märchen ist bereits wahr: Deine Identität im Internet. Sobald Du die Stadt betrittst, neudeutsch "online gehst" :-), bekommst Du eine Nummer: Deine IP (Internet-Protocol-Adresse, siehe Wikipedia). Guck mal auf wieistmeineip.de - da kannst Du Deine jetzt gerade aktuelle Nummer sehen.

Bei all dem Lärm um Schäubles Bundestrojaner und allein schon aus persönlichen Aspekten sollte man sich schützen.

TARNKAPPEN

Um auf das Märchen zurückzukommen: man braucht eine "Tarnkappe". Die genutzte IP-Adresse darf nicht die echte sein und damit nicht zur eigenen Identität führen. Die Lösung: den Datenverkehr über Proxy-Dienste anonymisieren zu lassen. Proxys sind eine "Vermittlungsstelle" zwischen Deinem PC und den anderen im Internet. Alle Datenströme laufen zuerst über den Proxy, bevor sie den eigenen Rechner oder die angesurfte Webseite erreichen. So sieht der Stadtschreiber nur die Adresse des Proxys, aber nicht Deine. Fertig ist die Tarnkappe. Proxies werden als Programme oder über Dienstleister angeboten:

netzwelt.de: alle Artikel zu "Anonym im Netz"
http://www.netzwelt.de/tags/anonym%20im%20netz.html

Grundlagen: IP Adresse über Proxy verstecken
http://www.netzwelt.de/news/71942-anonymes-filesharing-ipadresse-ueber-proxy.html

!! TIPP !! Proxy-Freeware: AnoNet
http://www.netzwelt.de/software/3645-anonet.html

Für den Privatgebrauch sollte dies reichen. Aber so eine "einfache" Tarnkappe ist im Härtefall "relativ" leicht zu lüften, denn wen man den Proxy findet, findet man auch den, der ihn benutzt. Darum würde ich auch nie den Dienstleistern vertrauen - denn: wer liest _deren_ Protokolle ...? Den Proxy-Betreibern ist zwar das Speichern von Daten an sich verboten. Aber wer will das kontrollieren? Und: wenn deren Server in Deutschland steht, kann dennoch eine Datenspeicherung angeordnet werden ... wir sind da wieder mal das einzige Land der Welt, dass hier eine Ausnahme möglich macht. Wahrscheinlich ist die totale Überwachung doch was Germano-Genetisches. Aber das ist ein anderes Thema.

MATRUSCHKAS

Statt einfacher Tarnkappe oder vertrauensseligem Dienstleister bräuchte man so etwas wie die russischen "Matruschkas": diese kleinen Puppen, die man immer weiter aus- und ineinanderschachteln kann, so dass es schwierig wird, den Kern zu finden. Technisch gesprochen: man benötigt miteinander verschaltete Proxies, die ein Feuerwerk von IPs "vorgaukeln" und es somit extremst schwer machen, die dahinterstehende Identität zu lüften.

So ein System ist z.B. "TOR": die kostenlose Software macht den eigenen PC zu einem Knotenpunkt im TOR-Netzwerk, der Daten versendet und umleitet. Zitat von netzwelt.de: "Die große Sicherheit von TOR liegt darin, das gleichzeitig sehr viele Nutzer über den gleichen Austrittsknoten Anfragen versenden. Dadurch wird es fast unmöglich, eine Kontaktaufnahme aus der Vielzahl herauszufiltern und auch noch durch das komplette TOR-Netzwerk zur ursprünglichen IP-Adresse zurückzuverfolgen."

Anonym mit Tor und Privoxy
http://www.netzwelt.de/news/72660-anonymes-filesharing-mit-tor-und.html

TOR-Homepage: http://tor.eff.org/
Privoxy: http://www.privoxy.org/

Kurzum: bewegliche Ziele sind eben schwerer zu treffen.

Doch das Gehoppse hat seinen Preis: Geschwindigkeit. Es wird berichtet, dass durch den Einsatz dieser Lösung die Geschwindigkeit eines DSL-Anschlusses bis auf ISDN-Datenraten zurückfallen kann. Also ist "TOR" nicht der Weisheit letzter Schluss.

Neue Wege geht I2P. Bei I2P werden durch ein "Netz im Netz" die eigenen Datenwege so verschlüsselt, dass sie am Ende nicht mehr nachvollziehbar sind. Das ist allerdings noch im Beta-Stadium, aber interessant zu beobachten:

http://www.netzwelt.de/news/75371-i2p-das-anonyme-netz-im.html
http://www.netzwelt.de/news/75410-tutorial-anonymes-filesharing-mit-i2psnark.html

Ich habe "meine" persönliche Tarnkappe noch nicht gefunden. Sicher ist nur, dass man sich schützen sollte, bevor irgendein aus dem Hartz 4 Programm herausgeschulter Behördeninformatiker in meinen Daten schnüffelt, statt hinter den wirklichen Kriminellen herzujagen.

Keine Kommentare: